Werbung im Wandel | BSH Hausgeräte GmbH

Hausgeräte als Spiegel der Gesellschaft

Werbung und die Präsentation von Produkten sind auch immer Ausdruck ihrer Zeit. Von heute aus betrachtet, zeigt sich die Vergangenheit überraschend klar und deutlich.

In der Werbung spiegeln sich gesellschaftliche Entwicklungen, Wünsche und Sehnsüchte wieder. Der Alltag wird sozusagen verdichtet, die nahe Zukunft vor Augen geführt. Eine idealisierte, heile Welt, die durch die angepriesenen Waren noch schöner und leichter zu werden verspricht. Ein nicht immer ganz ernst gemeinter Rückblick auf Jahrzehnte engagierter Hausgeräte-Kommunikation.

1933: Aus der Speisekammer wird der Kühlschrank

Die Hausfrau, in modischer Kittelschürze, ist in die Morgendepression versunken. Obgleich sie den Frühstückstisch sorgsam eingedeckt hat, scheint etwas zu fehlen. Wo sind die Lebensmittel? Die warten im elektrischen Kühlschrank, der damals noch rund war. Praktisch war das nur bedingt. Aber einfacher herzustellen und der Inhalt technisch leichter zu kühlen.

1935: Jetzt kocht man elektrisch

Gasherde galten als gefährlich, Elektroherde als sicher. Trotzdem legt ein Blick in den Backofen nahe, dass jemand die hohe Temperatur nicht überlebt hat. Nur: Worum handelt es sich?, fragten schon die zeitgenössischen Betrachter der Anzeige. Die Hausherrin, noch gewandet im Stil der angestellten Köchin von einst, interessierte sich mehr dafür, wie das gekochte Wasser schmeckt.

1955: Fit durch Staubsaugen

Siemens-Staubsauger waren in den 1950er-Jahren wie frühe Fitnessgeräte. Einen Rapid über Schulterhöhe zu heben, um dann den Vorhang abzusaugen, ohne dass der Stoff in der Düse verschwand, das ersetzte etliche Work-outs. Obendrein sollte die Arbeit mit graziöser Beinstellung und auf Pfennigabsätzen erledigt werden, damit auch der Ehemann mal von der Zeitung hochschaute. Kein Wunder, dass die Pappdame im Schaufenster etwas angestrengt dreinblickt.

1958: Hausarbeit als Entspannung

Glückliche Zeiten, als Trainingshosen aus Ballonseide noch nicht erfunden waren! Die Frauen gingen der Wohnungspflege im Faltenrock nach, einhändig, im leichten Spaziergehschritt und mit lässiger Eleganz. Staubsaugen war eine Art Meditation, zumal das Gerät auch „hygienisch in der Wohnung entleert werden“ konnte. Eine Generation später hat die Tochter der 1958er-Expertin immer noch viel Spaß - zumal das Gerät ihr mittlerweile wie ein braves Haustier folgt. Die Schuhe sind flacher, die Kleidung etwas legerer. Dafür sind die Aufgaben gewachsen. Jetzt muss die Multitasking-Mutter auch noch nebenbei die Hausaufgaben beaufsichtigen.

1965: Die Kühlschränke sind prall gefüllt

Im Jahre 1965 gab es den ersten Guinness-Rekordeintrag für den VW-Käfer: 21 Menschen hatten sich hineingezwängt. Der Telefonzellen-Rekord des Jahres lag bei zwölf Menschen. Der Siemens-Kühlschrank für die Wirtschaftswunder-Zeit konnte mithalten: Bei ausgeklügelter Stopftechnik passten über hundert haushaltsübliche Lebensmittel hinein. Die Dame im Bild hat es geschafft und den Kühlschrank prall gefüllt. Dafür hat sie sich einen ordentlichen Cocktail verdient. Sie mixt ihn in einem formschönen Gefäß im Stil der Zeit.

1970: Technik und Design für eine neue Welt

Der Kaffeeklatsch konnte eine echte Herausforderung sein. Im Vertrauen auf technikbegeisterte Frauen packte Siemens einen ganzen Fuhrpark stromabhängiger Kleingeräte auf einen Teewagen im zeitgenössischen skandinavischen Design: Kaffeemaschine, Toaster, Eierkocher, Mixer. Alles in Kniehöhe, was einfach eleganter aussah und dem beginnenden Diktat des Designs entgegenkam.

1977: Weiße Ware für alle

Charmant und umständlich: 1977 rollte der Bosch-Hausgeräte-Express vier Monate lang durch Deutschland, Belgien, Österreich. Händler, denen die Kölner „Domotechnica“ entgangen war, sollten zum Standplatz des Zuges am Güterbahnhof pilgern und sechs Wagen voller weißer Ware durchschreiten. In einer Zeit, in der noch Postzüge überfallen wurden, bemühten sich tatsächlich sogar Gangster um die „Rollende Messe“. Nach halbherzigem Versuch ließen sie die schwere Beute vermutlich wegen Rückenschmerzen stehen.

1978: Die höheren Weihen der Technik

Der Kompaktbackofen war der nächste Schritt für Köche, die an der Kaffeemaschine bereits ermutigende Erfolge erzielt hatten. Denn hier begann die Ära rätselhafter Sensorschalter, mehrstufiger Einstellvarianten und undurchschaubarer Programmierungen. Der weiße Hosenanzug signalisierte problemlose Benutzung ohne Fleckengefahr. Allerdings sprach niemand darüber, wie viel Zeit die Meisterköchin mit dem Studium der Betriebsanleitung verbrachte. Der Bocksbeutel im Regal steht als Begleitgetränk bereit.

1984: Der Mann erobert die Küche

Mit zunehmender Technisierung begannen sich auch Männer für die Küche zu interessieren. Besonders die Mikrowelle, die ein strahlendes Geheimnis barg, rief Männer auf den Plan. Motto: Da muss der Techniker ran. Der Experte in unserem Bild ist allerdings skeptisch: Das Huhn ist so blass. Sollte ich doch noch den Balkongrill anwerfen?

1984: Hier spricht Ihre Waschmaschine

Lange vor Siri und Google Now versuchten Siemens-Geräte, mit einsamen Usern ins Gespräch zu kommen. Auf der Domotechnica 1984 standen Waschmaschinen, Geschirrspüler und Gefrierschränke, die kurze Sätze platzieren konnten, ähnlich wie Babypuppen und sprechende Teddybären. Die Nachfrage war gering, die Funktion wurde wieder eingeschläfert. Doch sie wies in die Zukunft. Jetzt endlich, dank Home Connect, kehren kommunikative Küchengeräte zurück und tauschen sich sogar untereinander aus.

1987: Jeder Zentimeter wird genutzt

Die Vermehrung der Single-Haushalte erforderte kleinere Geräte: Waschmaschinen, die mit halber Ladung zufrieden waren, bescheidenere Gefrierschränke und Geschirrspüler, die auch in weniger als einer Woche voll wurden. Die knapperen Abmessungen schenkten Platz in den immer engeren Küchen. In unserem Bild nutzt die Hausfrau den freien Raum, um den Geschirrspüler fotogen von der Seite zu befüllen. Die Sektflasche, Standard-Utensil fleißiger Hausfrauen in der Hausgeräte-Werbung, steht auch um 20 vor zwölf mittags schon bereit.

Texte: Dietmar Bittrich. Der Hamburger Satiriker ist Autor zahlreicher Bücher, darunter Bestseller wie „Alle Orte, die man knicken kann“, „Urlaub mit der buckligen Verwandtschaft“, „Das Gummibärchen-Orakel“ sowie diverser Weihnachtsbücher, zuletzt „Diesmal bleiben wir bis Silvester!“ Dietmar Bittrich wurde als Kind deutscher Auswanderer in Triest geboren und lebt heute in Hamburg. www.dietmar-bittrich.de.

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